„Beim Essen fängt Nachhaltigkeit an.“ Dieser kluge Satz stammt nicht von uns, sondern aus Paul Ivićs Vorwort zu seinem neuesten Kochbuch „Restlos glücklich“.

Was dieser Satz bereits vermuten lässt: „Restlos glücklich“ ist nicht bloß ein Kochbuch mit feinen vegetarischen und veganen Rezepten. Der Autor und Küchenchef von Wiens bekanntem vegetarischen Restaurant TIAN gibt den Leser*innen und Nachköch*innen auf 191 Seiten auch viele klare Positionierungen und Handlungsanleitungen mit auf den Weg, was Nachhaltigkeit in der Küche und beim Konsum betrifft. Man könnte sagen: Es handelt sich hier auch um ein politisches Buch.

„Jeder kann etwas tun und jeder Schritt ist wichtig“

Paul Ivić schlägt hier in die gleiche Kerbe wie unser Blogartikel zu Zero Waste in der LieblingsSpeis: Auch kleine Veränderungen im eigenen (Konsum-)Verhalten zählen.

Für Nachhaltigkeit beim Essen gibt er folgende Empfehlungen:

  • Bewusst einkaufen, und zwar so, dass wir Konsument*innen einen Bezug zu unseren Lebensmitteln bekommen können, dass die Erzeuger*innen fair entlohnt werden, und Verpackungsmüll reduziert wird
  • Biologisch einkaufen, sodass unser Essen ohne chemische Spritz- und Düngemittel angebaut wird
  • Saisonal und regional einkaufen, um den ökologischen Fußabdruck unserer Lebensmittel möglichst gering zu halten
  • Fleischkonsum reduzieren
  • Auf faire Entlohnung und Arbeitsverhältnisse achten, sodass die Menschen, die hinter den Produkten stecken, nicht ausgebeutet werden
  • Zu alten Pflanzensorten und Tierrassen sowie zu alten Rezepturen und Zubereitungsarten greifen
  • Lebensmittelverschwendung vermeiden

Die genannten Punkte sind weder überraschend noch neu. Mich beeindruckt jedoch, dass ein renommierter Sterne-Koch sein gastronomisches Angebot an diesen Grundprinzipien ausrichtet und so klar Stellung bezieht. Rezepte werden auf Basis der Verfügbarkeit von biologischen, regionalen Lebensmitteln entwickelt, und die Gäste im TIAN bekommen insofern gewissermaßen vorgesetzt, was es halt grad gibt.

Zu den Rezepten

Die Rezepte im Buch sind nach Themen sortiert, beispielsweise „from Root to Leaf“: Hier geht es darum, wie wirklich alles vom Gemüse zu köstlichen Gerichten verarbeitet werden kann. Praktisch erscheint mir dabei, dass direkt beim jeweiligen Rezept Verweise auf andere Rezepte gegeben werden, die sich um die verbleibenden Teile des jeweiligen Gemüses kümmern – Teile wie die Blätter oder Stiele, die wir bisher möglicherweise in den Biomüll geworfen haben. Paul Ivić widmet sich auch dem Thema „altes Brot“, dem Einmachen und Fermentieren. Die Rezepte führen gut durch die jeweiligen Arbeitsschritte durch.

Ich persönlich vermisse ein Inhaltsverzeichnis mit allen Rezepten vorne im Buch. Praktisch ist dafür das Rezeptregister nach Saison, welches im Anschluss an die Rezepte zu finden ist und nach Gemüse und dgl. sortiert ist. Beispiel Fenchel (hat derzeit Saison!): Fenchelsalat, Fenchelmarmelade, Geschmorter Fenchel, Geschmorte Gurken mit Fenchelgrün, Kandierte Fenchelsamen.

Die Fotos im Buch machen definitiv Lust aufs Nachkochen und sehr sehr hungrig.

Zur Abwechslung: Reportagen

Zwischen den Rezepten finden sich drei Reportagen: Sie drehen sich um Saisonalität, Regionalität und Kreislaufwirtschaft und stellen drei Vorzeigebetriebe aus Ostösterreich vor. Die Reportagen inspirieren. Gleichzeitig lassen sie mich auch etwas ratlos zurück: Ja, diesen drei Betrieben ist es gelungen, dass ein Wiener Spitzengastronom auf sie aufmerksam wird, der für höchste Qualität hohe Preise zahlt und zahlen kann (da diese ja an das zahlungskräftige Publikum weitergegeben werden können). Doch wie sieht es bei den vielen anderen kleinen Bio-Betrieben in Österreich aus, die vielleicht etwas weniger gut im Marketing sind, die vielleicht etwas weniger leicht Zugang zu zahlungswilligen Kund*innen finden?

Es gibt noch viel zu tun

Hier braucht es definitiv Bewusstseinsbildung auf Seiten der Konsument*innen, dass qualitativ hochwertige Lebensmittel viel wert sind und es mit entsprechendem Einkaufsverhalten und Umgang (Stichwort: nur kaufen, was wirklich gegessen wird; alles verarbeiten; nichts wegwerfen) auch tatsächlich leistbar ist, biologisch hochwertige Produkte aus kleinteiliger Landwirtschaft zu fairen Preisen zu kaufen. Und selbstverständlich gibt es hier auch politisch gesehen großen Handlungsbedarf, beispielsweise bezüglich Farm to fork oder der Subventionspolitik der EU im Agrarbereich. Es gibt also noch viel zu tun.

„Und wenn eine Verbesserung der Welt gar mit Genuss zu erreichen ist, wer könnte sich dagegen verschließen?“, fragt Paul Ivić. Also: lassen wir uns nicht entmutigen, nützen wir die Macht unserer kleinen Schritte, und machen wir gemeinsam die Welt ein bisschen besser!

Du bist neugierig geworden?

  • Komm am Freitag zwischen 10:00 und 18:00 Uhr in die LieblingsSpeis und wirf einen Blick in das neue Kochbuch (es liegt in der Passage vorm Geschäft auf)
  • Gib uns bis 16. Juni 2021 hier Feedback zur LieblingsSpeis und nimm damit an unserem Gewinnspiel teil: Wir verlosen unter allen Teilnehmer*innen zwei von Paul Ivić handsignierte Exemplare von „Restlos glücklich“

3 Kommentare

  1. Liebe Lieblingsspeis!

    Ich bin sehr froh, dass es dich gibt, und ich hoffe, du wirst mit der Zeit noch wachsen – vielleicht räumlich, aber vor allem zeitlich, damit all die, die Bio-Qualität lieber spontan genießen, auch auf ihre Rechnung kommen. Aber ja, Hauptsache, ein Anfang ist gemacht, weiter so und viel Glück beim Wachsen und Gedeihen! Und wenn mir aus diesem Kommentar ein Kochbuchgewinn erwachsen sollte, dann freu ich mich umso mehr 🙂

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